Als Hamburger muss man glaube ich nicht erwähnen, dass man eine gewisse Bindung zum Wasser hat. Meine ist sicherlich noch etwas stärker ausgeprägt, da meine Eltern selber mal ein Segelboot besaßen und ich somit schon als Kind viel auf dem Wasser war und mit dem Segeln groß geworden bin.
Anbieter und Orte zum Segeln
Es gibt viele Möglichkeiten am Gardasee segeln zu gehen und daher sollte man sich als erstes für einen Ort entscheiden. Der nördliche Teil vom Gardasee ist nicht nur durch seine Berge der schönere, sondern gerade auch durch die Berge der beständigere Teil, wenn es um den Wind geht. Im Süden ist es eher flacher und somit auch windstiller, was bekanntlich für das Segeln weniger spannend ist.
SurfSegnana in Torbole
Eine Schule die neben Windsurfen und Kiten eben auch das Segeln auf Jollen oder Katamaranen anbietet. Ganz gleich, ob ihr wie ich nur mal zwei Stunden zum Spaß nehmen möchtet oder aber euren Segelschein machen wollt, hier seid ihr an der richtigen Adresse. Die Schule wurde von Marco Segnana gegründet und ist mittlerweile seit 1980 am Gardasee vertreten.
Der Preis für eine zweistündige Lehreinheit beträgt 75€ (je mehr Stunden, desto geringer der Preis) inkl. Neoprenanzug, Weste und natürlich einem Skipper. In meinem Fall war das der Alessandro. Ein super Typ, der seinen Job nicht nur liebt, sondern wirklich lebt!
Einweisung und Vorbereitung
Ich war schon ein paar Minuten früher da und hatte ungeduldig nach meiner Jolle ausschau gehalten. Vergeblich. Als Alessandro mich abholte, war mir auch schnell klar wieso… die Jolle war noch eingepackt und an Land. Warum? Weil jeder Schüler seine Jolle selber vorbereiten muss. Das fördert nicht nur den Lerneffekt, sondern gibt einem auch gleich einen Einblick, wie “komplex” so eine kleine Jolle ist. Zumindest war ich persönlich überrascht, wie viele kleine Strippen es an Bord gab.
Selbst ist der Matrose
Das Thema Selbstständigkeit führte sich auf dem Wasser sofort fort. Es gab nicht eine Sekunde, in der Alessandro die Jolle gesteuert hat, er hat mir lediglich am Anfang gesagt, was ich wann zu tun habe. Der nächste Lerneffekt!
Klein, wendig und agil
Ich glaube, so kann man eine Jolle sehr gut beschreiben. Das Verhalten einer Jolle ist viel direkter als auf einem Segelboot… klar, man hat ja auch viel weniger Masse die man im Wasser bewegen muss. Was wiederum aber auch bedeutet, dass die Jolle auf Einflüsse wie Wind und Wellen wesentlich empfindlicher reagiert. Das kann schon Mal bedeutet, dass man in einer Sekunde gemütlich gleitet und in der anderen Sekunden schlagartig das Segel öffnen muss, weil man sonst kentert. Klingt komisch, fühlt sich auch so an. Wie oft kentert eine Jolle (mit Anfängern) fragt ihr euch?
“Nicht selten.”Alessandro
Ok, dann machen wir heute eine Ausnahme und bleiben trocken!
Wende hier, Smalltalk da
Das schöne am Segeln ist die Ruhe und die Zeit die man hat. Folgend kann man sich auch über Gott und die Welt unterhalten. So habe ich z. B. erfahren, dass Alessandro dort arbeitet wo andere Urlaub machen. Überrascht Euch nicht, weil ich gerade am Gardasee bin, stimmt! Habt Ihr aber auch gewusst, dass Alessandro die Hälfte des Jahres am Gardasee Segel- & Windsurfunterricht gibt, während er die andere Hälfte des Jahres in Sankt Moritz Skilehrer ist? Haaa… und es kommt noch besser. Einmal im Jahr, genau jetzt im Oktober hilft er seiner Familie die Olivenbaumernte einzuholen und die Oliven zu Öl verarbeitet.
Bringt einen wieder auf den Punkt, wie verdammt wichtig es ist, dass man Spaß an seiner Arbeit haben sollte. Alessandro jedenfalls, liebt seine Jobs. Nachvollziehbar.
Koordination, Gefühl und Kraft
Das Ruder in der einen, das Seil für das Hauptsegel in der anderen Hand. Der Wind lässt nach, Segel spannen und schwups… verzieht man das Ruder leicht und der Wind knallt wieder volles Rohr ins Segel. Richtig, Segel öffnen damit wir nicht kentern. Das Spiel spielt man eigentlich durchgehend und nach einer Stunde, merkt man auch wie es in die Arme geht. Und zwar ganz schön, nicht heftig aber kräftig. Dazu die Dauerbelastung, die man einfach nicht gewohnt ist und fertig ist der Muskelkater für den nächsten Tag! Egal, das Feeling macht es wett!
Ein paar Handschuhe hätte ich mir zwischenzeitlich gewünscht. Schließlich kann man das Seil nicht einfach los oder festmachen. Zumindest nicht, wenn man trocken nach Hause möchte und auf Dauer geht das gut auf die Hände. In meinem Fall eher auf die kleinen Finger. Ich glaube, jeder von Euch kennt das Gefühl, wenn einem ein Seil durch die Hände gleitet. Unangenehm, richtig!
“Achtung, der Windsurfer hat Vorfahrt.”Alessandro
Vorfahrt? Richtig, auf dem Wasser herrschen ebenso Verkehrsregeln wie auf dem Land. Dafür das es aktuell Nebensaison ist, ist auf dem Gardasee schon ordentlich was los… ich will echt nicht wissen wie es in der Hauptsaison ist.
“Eine absolute Katastrophe. Unbelievable.”Alessandro
Die besten Momente, wenn Windsurfer auf einen zukommen und man in Ihren Augen sieht, dass Sie selber nicht wissen was Sie machen sollen. Sind halt echt viele Surftouristen unterwegs und die haben logischerweise keinen Alessandro während des Surfens auf der Schulter sitzen, der Ihnen sagen kann was Sie machen sollen.
Mit dem Wind im Rücken
Geht es Richtung Heimathafen oder kurz gesagt, die zwei Lehrstunden sind vorbei. Mit der letzten Wende, dem Wind im Rücken (was stabiler zu segeln ist) noch einmal das Segel angezogen und einem Moment der Unachtsamkeit… Da hat es dann fast doch noch zum kentern gereicht, aber glücklicherweise war ich am Ende dann schon gut im Rhythmus und hab die Jolle wieder gefangen. Kein Thema… Puh!
Fazit: Segeln ist wie Fahrrad fahren, man verlernt es einfach nicht.